It was her habit to build laughter out of inadequate materials.
the grapes of wrath, John Steinbeck
Mein Mittelfußknochen ist gebrochen.
Nicht sehr. Eigentlich ist gar nichts passiert.
Ein Ermüdungsbruch.
Das wird wieder, keine Frage.
Was will er mir sagen, mein Fuß?
Nichts. Füße sprechen nicht.
Die funktionieren einfach. Bisher jedenfalls.
Ich gehe viel und schnell.
Normalerweise.
Aber.
Ich muss jetzt langsamer gehen.
Die Morgenroutine ändern. (Das verwirrt vor allem den Inspector.)
Für ein paar Schritte mit dem Taxi fahren.
Ich habe keinen Gips, soll aber feste Schuhe tragen.
Ich trage also meine Bergschuhe.
Den ganzen Tag.
Ich liebe meine Bergschuhe, ich liebe ja das Wandern.
Jetzt trage ich sie ohne zu wandern.
Ganz im Gegenteil.
Wandern kann ich jetzt nicht.
Ich trage sie, weil sie mir Stabilität geben.
Meinen verletzten Fuß schützen.
Was wollen mir meine Bergschuhe sagen?
Nichts, Bergschuhe sprechen nicht.
Sie dienen dazu, lange Wanderungen auf Berge zu machen.
Normalerweise.
Aber.
Meine Bergschuhe sind jetzt ein Teil meines Alltags.
Sie geben mir Schutz und Sicherheit.
Wenn ich sie an meinen Füßen sehe, denke ich:
oh, ich sollte wieder einmal wandern gehen.
Aber genau das kann ich jetzt nicht.
Vielleicht will er mir ja doch etwas sagen, mein Fuß.
Mach langsamer. Mach mehr Pausen.
Vielleicht will auch mein Bergschuh mir etwas sagen.
Schau auf dich. Schütze und stütze dich.
Aber.
Wie macht man das?
Wie macht man das in Zeiten, in denen nahe Menschen sterben oder schwer krank sind, Häuser im Wasser versinken,
Wohnungen auszuräumen, alte Traumata aufzuarbeiten sind?
In Zeiten, in denen das Leben aus allen Richtungen auf uns einprasselt.
Wie passt man auf sich auf?
Woher nimmt man die Kraft?
Es gibt da wohl leider kein Patentrezept.
Ich finde sie in meiner Werkstatt. Bei meiner Arbeit.
An der Töpferscheibe, beim Ton kneten,
beim Draht biegen und Kleister kochen,
beim Ofen aus- und einräumen,
in der Arbeit mit den Kursteilnehmern.
Da bin ich ganz bei mir. In mir verankert.
Im besten Fall ist “die Arbeit” ja etwas, das man gut kann und gerne macht.
Eine Superkraft gewissermaßen.
Was auch immer es ist.
Meine Bergschuhe stören sich nicht an den Tonspritzern,
mein Fuß tut gar nicht weh dabei…
Sonst wäre ja meine Hand gebrochen, oder?
Und doch.
Mach langsamer.
Mach mehr Pausen.
Renn nicht so viel herum.
Geh lieber mehr töpfern?
Ganz so einfach ist es wahrscheinlich nicht…
Also.
Von einfach kann da echt keine Rede sein.
Aber es besteht doch die Möglichkeit,
dass man die eigene Stärke entdeckt. Und die eigene Schwäche.
Und dass man bemerkt, dass der Unterschied gar nicht so groß ist.
Und wie gut das ist.
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