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Nachrichten aus 1000blum im Juni 2024

Ein Schiff ist sicherer, wenn es im Hafen liegt. Aber dafür werden Schiffe nicht gebaut.

Paulo Coelho


Es gibt solche und solche Tage…

Es gibt Tage, da muss ich schon beim Aufwachen lachen,

weil der Bär so lustig schnarcht.

Die Vögel zwitschern, der Inspector ist motiviert und

bei der Morgenrunde scheint so schön die Sonne oder

es rauscht der Regen und beides ist genau richtig.


Der Ton zentriert sich quasi von selbst, die Kursteilnehmer sind reizend,

sogar das Glasieren macht Spaß.

Alle sind nett und freundlich, das Leben ist schön und das Wetter perfekt.


Es gibt Tage, an denen nichts hinhaut und ich alleshinschmeißen möchte.

Der Kaffee ist zu kalt, die Hose zwickt und die große Zehe schmerzt.

Der Inspector ist nicht motiviert

(was bei einem Hundertjährigen schon mal vorkommen kann),

die Morgenrunde nervt (immer dieselbe Spazierrunde, also wirklich…),

die Sonne blendet oder der Regen –regnet.


Alle Bücher sind langweilig, alle Kursteilnehmer schlechtgelaunt,

der Ton ist bockig und überhaupt.


Es gibt solche und solche Tage.

Die aufeinanderfolgen.

Oft kommt aber auch alles zusammen.


Es gibt solche und solche Tage.

In Summe ist das gut.

Ich mag Wetter, Jahreszeiten, Stürme und Unvorhergesehenes.

Aber wenn man mitten drin steckt, kann es auch ganz schön fordernd sein.

Wir müssen Geduld haben.

Mit uns selbst, das ist das Schwierigste.

Und Vertrauen.

In das Leben und in uns selbst, das ist das Schwierigste.


Wir Keramiker haben es gut.

Von und mit der Keramik zu leben beinhaltet

ein abwechslungsreiches Dasein mit vielen Höhen und Tiefen.

Zufriedenheit, Erfolge und Schönheit wechseln einander mit Tagen und Ergebnissen ab,

die unbefriedigend, mittelmäßig oder schlecht sind.


Bei Experimenten geht es ja zunächst oft gar nicht darum,

etwas Schönes zu produzieren, sondern um das Ausprobieren einer Technik,

eines Glasureffektes, einer Kombination.

Wenn ich Glück habe – und es fühlt sich tatsächlich wie ein großes Glück an,

das mich dann tage- und nächtelang beschäftigen kann –

finde ich auf einem der Probestücke ein Detail, eine kleine Stelle, einen Effekt,

mit dem es sich weiter zu experimentieren lohnt.

Nächste Runde.


Es gibt keine Patentrezepte, die Keramik ist absolut ehrlich.

Alles, was wir tun, wirkt sich aus, jeder Schritt und jeder Zentimeter

sind gleich wichtig für das Ergebnis.


Darüber hinaus gibt es etwas Unberechenbares,

das wir nicht beeinflussen und erklären können.

Wobei es meistens kein Zufall ist.

Wir wissen einfach nicht genug, um alle Zusammenhänge verstehen zu können.

Ein Leben reicht nicht aus für die Fülle an Möglichkeiten, die es zu erforschen gilt.

Es ist notwendig, sich auf ein kleineres Gebiet zu konzentrieren,

wenn man in die Tiefe gehen will.

Da auszuwählen ist nicht leicht, die Entscheidung für etwas bedeutet ja immer

auch eine Entscheidung gegen so vieles andere.


Es beginnt mit einer Idee.

Oft ein kleines Detail, eine Form, ein Effekt.

Etwas, das ich irgendwo gesehen oder gelesen habe,

das mich beschäftigt und mich nicht mehr loslässt.

Darüber will ich mehr wissen.

Wie kam dieser Effekt zustande?

Was macht diese Form für mich so faszinierend?

Wie kann ich mit meiner Arbeitstechnik, meinen Gegebenheiten, meinem Wissen

etwas Ähnliches erzielen, wie diese Idee in meiner Arbeit anwenden?


Es geht mir ja nicht darum, etwas „nachzumachen“,

sondern, daraus etwas Eigenes zu machen,

die Idee und deren Möglichkeiten in mein Leben, in meine Arbeit zu integrieren.

Dazuzulernen. Mich weiter zu entwickeln.


Es vergehen Tage, manchmal Wochen, vom Beginn der Idee bis zur fertigen Arbeit. Manches taucht auch nach Jahren wieder auf und passt dann plötzlich haargenau.

Diese Dinge brauchen Zeit.

Zu viele Fragen verwirren uns.

Dann heißt es, einen Schritt zurück zu machen, genau hin zu schauen:

Worum geht es eigentlich?

Was ist mein Ziel, was will ich ausdrücken?


Antworten bekommt nur, wer auch Fragen stellt,

ob uns die Antwort dann gefällt oder nicht und was wir daraus machen,

ist unsere Sache.


Natürlich könnte ich Tassen und Teller drehen,

sie mit den mir vertrauten Glasuren glasieren…

alles so lassen, wie es ist, den gewohnten Weg gehen.

Tu ich ja auch.

Mit Vergnügen und auch mit Erfolg.


Aber.

Die Ideen, die Fragen, die vielen Möglichkeiten, die es gibt,

und die Herausforderung, sich dem hinzugeben ohne sich zu verlieren,

um den eigenen – wenn auch kurvigen – Weg zu gehen, ist so viel spannender.


Wir Keramiker haben es wirklich gut.


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