Das ist nicht ganz einfach zu beantworten.
Vordergründig nähe ich immer noch Bücher.
Aus Papieren, auf denen ich neue Techniken ausprobiere und alte kombiniere.
Ich experimentiere mit Bindungstechniken und Formaten,
behandle Papiere mit Bodenwachs, Holzleim, Farben und einer Mischung aus Ei und Öl -
eine experimentelle Variante der Eitempera.
In Schichten oder bunt durcheinandergemischt.
Ich möchte wissen, wie diese Materialien mit-, über- und nebeneinander funktionieren,
wie all das die Papieroberfläche beeinflusst und/oder verändert.
Ob das Papier weicher, haltbarer, flexibler oder brüchiger wird…
Ich verwende dasselbe Wachs wie auf meiner Rauchbrandkeramik und auf dem Fußboden. Denselben Leim, mit dem der Bär in seiner Werkstatt allerhand Hölzernes zusammenfügt.
Öl und Eier aus der Küche… und nach wie vor alte Bücher und Papiersackerln,
kombiniert mit anderen Kartonen und Papieren.
Ich möchte möglichst wenig einkaufen, möglichst viele Dinge in mehreren
und vielleicht unerwarteten Zusammenhängen benutzen.
Ich wandere und sammle Dinge.
Einen Vogelknochen.
Eine schöne Distel.
Eukalyptusblätter.
Das „Skelett“ eines Ohrwaschelkaktusohrwaschels.
Ein altes Stück Holz.
Steine.
Ich sammle auch Bilder.
Die Kontur des Berges vor dem Himmel.
Die Felsen vor dem Meer vor dem Horizont vor dem Himmel.
Die Kühe am Hügel am Horizont vor dem Himmel.
Die Form der Baumreihe auf dem Berg.
Oft ist es der Horizont, der mich fesselt. Eine Kontur.
Hier scheint alles mehr Kontur zu haben.
Ich sammle auch Klänge.
Ein Vogelschwarm zwitschert im Busch.
Der Rhythmus meiner Schritte.
Die Kühe rufen am Abend, von Hügel zu Hügel, als würden sie sich unterhalten.
Ein Auto fährt vorbei.
Die Windräder – wie nennt man das Geräusch, das die Windräder machen?
Gibt es ein Wort dafür?
Ich sammle auch Worte - aber das wisst ihr ja schon.
All diese Dinge und Bilder und natürlich Worte erzählen Geschichten.
Und ich höre zu.
Und sammle diese Geschichten.
Ich übersetze.
Aus der einen Sprache in die andere.
Worte, Techniken, Materialien.
Ich zitiere.
Wiederkehrende Worte, Formen, Farben und Texturen.
Eine Übersetzung ist nie ganz genau gleich wie das Original.
Sie ist immer auch eine Neuschöpfung.
Ein Zitat bezieht sich oft nicht mehr auf das, worüber es ursprünglich gesagt wurde.
Es fügt sich in einen neuen Zusammenhang.
Das Polieren der Böden meiner Tassen übersetze ich in das Polieren von Wachs
auf dem Papier meiner Bücher. Auch in die Gestaltung der Rückseiten.
Das Betonen der Ränder meiner Schalen durch eine Extraschicht Glasur
übersetze ich auf dem Papier mit Farbe.
Pinselstriche funktionieren auf Ton wie auf Papier und hier wie dort
sind mir die struppigsten Pinsel die liebsten.
So wie auf meinen Schalen nähe ich auch auf dem Papier.
Und über all diesem malen, schneiden, kleben, nähen und ausprobieren
steht immer auch die Frage: ¿Qué es el objetivo de todo eso?
Was ist mein Thema, what purpose do I have? Was will ich eigentlich sagen?
Darüber denke ich viel nach.
Immer wieder geht es um Spuren, Löcher, Rückseiten, Ränder und lose Enden.
Um Geschichten.
Und um die Freude.
Die Freude der Möwe, die im Wind über dem Meer fliegt.
Ich mache Bücher mit leeren Seiten.
Damit man etwas hineintun (schreiben) kann.
So wie in die Schalen.
So kann die fertige Schale, das fertige Buch noch einmal eine Geschichte erzählen.
Eure Geschichte vielleicht...