Letzte Woche war Kindersommer...
- 4. Aug.
- 3 Min. Lesezeit

Es heißt zwar „… auswendig lernen“ -
aber ist es nicht vielmehr ein „Inwendiglernen“?
August und Ana Zirner, Ella und Laura
... seit vielen Jahren sind das ganz besondere Tage für mich:
12 Kinder arbeiten 3 Tage lang in meiner Werkstatt.
Das klingt nach einer wilden Sache, ist es aber ganz und gar nicht.
Vorausgesetzt ich bin gut vorbereitet.
Meistens beginne ich mit einer Geschichte und einem gemeinsamen Projekt.
Sehr bald kommt dann die Frage „Kann ich auch… ?“
„Natürlich könnt ihr, macht, was ihr wollt, arbeitet an euren eigenen Ideen!“
Wir kneten, spielen, töpfern, malen, jausnen, plaudern und lachen miteinander.
Dabei lernen wir sehr viel.
Wir lernen, dass Ton weich ist, es aber trotzdem Kraft braucht, ihn zu formen.
Wir lernen, dass man sich helfen lassen kann, wenn man etwas (noch) nicht kann.
Und dass man einfach weiter übt.
Und dass es dann besser wird.
Nicht sofort, aber doch spürbar.
Wir lernen, uns zu freuen, über unsere eigenen und über die Erfolge der anderen.
Wir lernen, es nicht tragisch zu nehmen, wenn einmal etwas nicht gelingt.
Wir lernen, was wir gut können und was weniger gut.
Es ist wertvoll, das zu wissen, weil wir so unterschiedlich sind.
Weil jede/r von uns etwas gut kann und anderes weniger gut.
Und weil das sehr praktisch ist.
Wir lernen, was ein Schwamm alles kann.
Wir lernen, was Schlicker ist und wozu man ihn braucht.
Auch Schamotte. Und Engobe.
Wir lernen, dass ein Pferd auf vier dünnen Tonbeinen schlecht stehen kann
und wie wir es stützen können - oder lieber ein liegendes Pferd gestalten.
Wir lernen, dass es passieren kann, dass man eine volle (und ziemlich gatschige) Wasserschüssel umwirft, dass man dann aber eben auch wieder aufwischen muss. Und dass man einander dabei helfen kann.
Wir lernen, dass der Ton nicht auf dem Scheibenkopf hält, wenn Wasser darunter ist. Wir lernen, dass Malfarben nicht auf Ölkreiden haften
und dass das wunderschöne Effekte ergeben kann.
Wir lernen, dass die Fliehkraft das Wasser und den Schwamm wegschleudern kann - die Farbe übrigens auch.
Wir lernen, Farben zu mischen, die es im Malkasten zuerst nicht gab.
Wir lernen, aufzuräumen und zu putzen.
(Die Werkzeugladen in meiner neuen Werkstatt sind so fein,
da macht es richtig Spaß, alles wieder einzusortieren.)
Wir lernen, dass wir etwas gestalten können -
nach unseren eigenen Ideen, mit unseren eigenen Händen.
Wir können Dinge erfinden, die es in Wirklichkeit (noch) nicht gibt.
Wir können etwas erschaffen.
Wir lernen, uns auch eine Pause zu gönnen.
Genug zu essen und zu trinken,
ein bisschen im Garten herumzulaufen, weil man auch Bewegung braucht.
Und dann wieder zurückzukommen und mit frischer Kraft weiter zu arbeiten.
Wir lernen, dass es keinen Sinn macht, einem alten tauben Hund hinterherzurufen
und dass große grüne Heuschrecken ihren Weg zurück in den Garten
von ganz alleine finden. Spinnen und Libellen auch.
Wir lernen 12 neue Namen.
12 Persönlichkeiten lernen wir kennen.
Mit Eigenheiten, die wir zu berücksichtigen lernen.
So wie wir auch lernen, uns unseren eigenen Raum zu nehmen.
Wir lernen, dass eine Stunde ganz schnell vergehen kann
oder aber auch fünf Minuten sehr langsam - je nachdem.
Nicht nur die Kinder lernen.
Auch ich.
Und alle Kursteilnehmer*innen, die in meine Werkstatt kommen.
Immer wieder und immer mehr.
Und es macht so viel Freude, dieses Lernen.
Weil wir ganz und gar „inwendig“ lernen -
ganz und gar ohne Auswendiglernen,
quasi wie von selbst.